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Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum und Co. – Fluch oder Segen?


Aufgrund der aktuellen Kurssprünge von Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum und Co. erlaube ich mir heute einen kritischen Blick auf das Phänomen der Internetwährungen. Als kryptische Währungen, Kryptowährung oder Kryptogeld bezeichnet man zuerst einmal digitale Zahlungsmittel, die nicht nur kryptographisch verschlüsselt sind, sondern die vorwiegend auf der schon in meinen früheren Beiträgen erwähnten Blockchain bzw. DLT Technologie basieren. Per Ende Dezember 2020 existieren über 8.000 dieser Kryptowährungen (siehe www.coinmarketcap.com) mit einer Marktkapitalisierung (also einem Gesamtwert) von über 700 Mrd. Euro.


Die bekanntesten Vertreter sind der Bitcoin, Ethereum, XRP, Litecoin und die Bitcoin-Abspaltungen Bitcoin Cash und Bitcoin SV. Vor allem der bereits im Jahr 2008 von einem Pseudonym namens Satoshi Nakamoto entwickelte Bitcoin dominiert seit Jahren die Diskussion um das Kryptogeld, sowohl in der medialen Aufmerksamkeit wie auch mit fast 500 Mrd. Euro bei der Marktkapitalisierung. Auf dem zweiten Platz rangiert das Ende 2013 von Vitalik Buterin entwickelte Ethereum mit einer Marktkapitalisierung von ca. 80 Mrd. Euro. Bei Ethereum handelt es sich jedoch um keine reine Kryptowährung wie Bitcoin, sondern um eine digitale Plattform für sog. „Distributed Apps“ (kurz: Dapps), mit welcher jeder interessierte Entwickler eigene Programme auf dem Blockchain-basierten Ethereum Netzwerk erstellen kann. Die im Ethereum Netzwerk verwendete Kryptowährung heißt Ether, wobei die Netzwerk-Teilnehmer beliebig viele weitere Kryptowährungen in Form sogenannter Tokens erzeugen können.


Der Markt der kryptischen Währungen befindet sich extrem im Umbruch: Nicht nur regelmäßigen Kurzschwankungen kennzeichnen diesen Markt, sondern weitere technische Entwicklungssprünge. Der Bitcoin, als der bekannteste Vertreter der Kryptowährungen, entspricht beispielsweise noch einer „älteren“ Technologie, ist dabei (mit etwa 3.000 Transaktionen pro 10 Minuten) in seiner Verarbeitungsgeschwindigkeit zu langsam und verbraucht (mit pro Jahr aktuell 60 Terrawattstunden) zu viel Strom. Neue Kryptowährungen wie IOTA oder VeChain basieren auf einer Blockchain mit nicht mehr nur einem Strang an Datenblöcken, sondern parallelen Strängen. Dies erlaubt eine höhere Geschwindigkeit und Skalierbarkeit, damit Maschinen sich Dienstleistungen untereinander vergüten können, ganz im Sinne des Internet der Dinge (engl. IoT). Die Gunst der Investoren und Spekulanten haben diese neuen Währungen hingegen noch nicht gefunden, weshalb ihre Kurse weit hinter Bitcoin, Ethereum und Co. Liegen. Gleichzeitig lanciert im letzten Monat die Ethereum Community ein „Ethereum 2.0“, bei welchem die Überprüfung der Transaktionen (sog. Konsensverfahren) nicht mehr mittels einem rechenintensiven Proof-of-Work-Verfahren, sondern durch ein Proof-of-Stake (kurz: PoS) Verfahren stattfindet. Statt Millionen von Prozessoren mit der Überprüfung von Transaktionen zu beschäftigen, wird beim PoS-Verfahren lediglich eine geringe Anzahl von Knotenpunkten per Zufall ausgewählt. Dadurch soll sich die Transaktionskapazität von derzeit 15 Transaktionen pro Sekunde auf mehrere Tausend Transaktionen pro Sekunde erhöhen.


Doch kommen wir nun zu der Frage aus der Überschrift, ob es sich bei Kryptowährungen um einen Fluch oder Segen handelt. Ein Segen ist es, dass Bitcoin und Co. die Wahrnehmung der Öffentlichkeit auf die technische Entwicklung der Blockchain, als dem aktuell sichersten Transaktionsprotokoll, gerichtet haben. Denn diese Technologie wird uns in den nächsten Jahren noch viele disruptive Innovationen und Geschäftsmodelle ermöglichen. Bereits heute zeigen sich hierfür die ersten Beispiele, wie neue Finanzierungsformen (z.B. Initial Coin Offerings (ICO) und Initial Loan Procurement (ILP) für moderne Formen des Crowd Fundings), neue Ertragsmodelle (z.B. im Rahmen des Internets der Dinge) sowie besonders die zukünftige Absicherung von Patenten und Rechten (engl. Intellectual Property).


Aber jede Medaille hat zwei Seiten, so auch der Fortschritt der Kryptowährungen. Ein Fluch ist beispielsweise, dass der Bitcoin mit den anonymen Zahlungen seit seinem Start auch für kriminelle Transaktionen im DarkNet verwendet wird. Aufgrund der Tatsache, dass einzelne Personen durch Ver- und Ankäufe zwischen ihren eigenen unterschiedlichen Bitcoin Konten (sog. Wallets) Kursentwicklungen bewirken können, gibt es zudem bei den bisherigen Kryptowährungen wenig Schutz vor Kursmanipulationen. Wir wissen daher nicht, wem wir am Ende die aktuellen Kursentwicklungen verdanken! Hinzu kommt der eigentlich charmante Grundgedanke der Blockchain Philosophie, dass kein Einzelner ein Netzwerk dominieren und ausbeuten darf. Dies führt bei Krytowährungen als Zahlungsmitteln jedoch zu dem Fluch, dass auch keine staatliche Organisation (wie EZB, Bundesbank oder BAFIN) die Währungen überwacht und reguliert. Und wenn wir hier schon von dem Wegfall wichtiger Stakeholder sprechen, so bewirken Kryptowährungen erneut den von mir schon mehrmals angesprochenen Effekt der Disintermedation, also dem Verlust bisheriger Intermediäre. Denn wer braucht eine Bank als Intermediär und Abwickler von Zahlungen, wenn die kryptischen Währungen diesen Vorgang substituieren?


Wo stehen wir also heute mit den Kryptowährungen? Hier hilft ein Blick auf den berühmten „Hype Cyle“ Kurve von der Gartner Gruppe. Demnach erregen neue Technologien immer erst einmal eine hohe Aufmerksamkeit und übertriebenen Enthusiasmus, was zu einem Gipfel der überzogenen Erwartungen führt. Kinderkrankheiten und nicht erfüllte Erwartungen lassen in der Folge nicht nur die Berichterstattung über neue Technologien abbrechen, es kommt gar zu einem Tal der Enttäuschungen. Trotz weniger Aufmerksamkeit ergeben sich aber im nächsten Schritt, dem Pfad der Erleuchtung, viel realistischere Einschätzungen zu den Möglichkeiten und Vorteilen bei der praktischen Umsetzung neuer Technologien, gefolgt von dem Plateau der Produktivität, in welcher die Technologien sich weiterentwickeln und in den Alltag Einzug halten. Mit anderen Worten: Wir erleben gerade wieder (wie schon im Jahr 2018) einen Gipfel der überzogenen Erwartungen bei den etablierten Krypowährungen, und sind noch lange nicht auf dem Plateau der Produktivität von kryptischen Zahlungsmitteln. Selbst bei der darunter liegenden Blockchain bzw. DLT Technologie arbeiten wir primär noch am Pfad der Erleuchtung, um zu verstehen, mit welchen Blockchain-basierten Geschäftsmodellen wir zukünftig wirklich disruptive Innovationen umsetzen können.






Über das Thema der Kryptowährungen handelt auch meine aktuelle Folge der Podcastreihe "Kurz Nachgedacht", zu finden auf allen bekannten Podcast-Streaming Diensten sowie unter diesem Link.

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