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Metaversum und Metaverse-Geschäftsmodelle



Nicht nur Facebook, auch weitere Technologie-Giganten wie Google, Epic Games, Microsoft oder Tencent, investieren jedes Jahr Milliarden von Dollars in virtuelle Parallelwelten. Dabei geht es nicht nur um eine neue Form von sozialen Communities oder VR- (also virtuelle Realität) Spielen, sondern um eine neue Dimension digitaler Geschäftsmodelle, den sogenannten Metaverse-Geschäftsmodellen.


Facebook hat sich aber mit seinem neuen Holdingnamen „Meta“ gleich die Marken-Poolposition für die neuen virtuellen Parallelwelten gesichert. Denn schon 1992 hat der Autor Neal Stephenson mit seinem schon damals sehr beachteten Science-Fiction-Roman „Snow Crash“ den Begriff „Metaversum“ geprägt. Hierunter verstehen wir laut Wikipedia einen „digitalen Raum, der durch die Konvergenz von virtueller, erweiterter und physischer Realität entsteht“. Der Begriff selbst ist dabei ein Kofferwort aus der Vorsilbe meta‑ (in der Bedeutung „jenseits“) und Universum, mit Bezug auf virtuelle 3D Realitäten, quasi als Nachfolger des Internets. Hier können Menschen dank ihrer programmierbaren Avatare in einer digitalen Welt in Echtzeit untereinander interagieren und allen möglichen Beschäftigungen nachgehen, die man auch aus der realen Welt kennt.


Schon lange vor Neil Stephensons Buch gab es mit dem Commodore C64 Netzwerkspiel „Habitat“ im Jahr 1985 ein erstes Metaversum (mit einer ähnlichen Grafikoberfläche wie später „The Sims“), gefolgt dann 2003 von dem berühmten online Spiel „Second Life“, in welchem bereits Menschen mittels Avataren miteinander interagieren. In den letzten Jahren haben sich weitere Computerspiele (wie „The Sandbox“ oder „Decentraland“) zu digitalen Parallelwelten entwickelt, in denen sogar Grundstücke und andere Objekte gehandelt und gekauft werden können.


So hat das Metaversum schon lange nichts mehr nur mit reinen Computerspielen zu tun. Gemäß Statista benutzten im letzten Jahr rund 17 Prozent der Bevölkerung über 16 Jahren hin und wieder Virtual-Reality-Brillen für den Zugang zu digitalen Parallelwelten. Weitere 41 Prozent können sich vorstellen diese Technologie in Zukunft häufiger zu nutzen. Dabei kommt es vor allem zu den folgenden Anwendungen mit einer doch erstaunlichen breiten Intensität verschiedener Anwendungsfälle: Videospiele (77%), Virtuelles Reisen - auch aufgrund der Reisebeschränkungen während der Pandemie (71%), Filme (56%), virtuelle Teilnahme an Musikkonzerten (39%), eigenes VR-animiertes Workout und Sport (37%), das Ansehen von Sportereignisse (20%), Bildung (16%), Wohnungs- bzw. Hausplanung (15%), Besuch von Museen, Ausstellungen oder Messen (12%) sowie zur Entspannung (9%).


All diese Anwendungen indizieren neue praktische Geschäftsmöglichkeiten dank moderner digitaler Geschäftsmodelle! So benötigt der bereits erwähnte Handel von Grundstücken oder anderen Objekten digitale Geschäftsmodelle mit neuartigen Kundennutzen (engl. Value Propositions) sowie kreativen Erlösmodellen mit (immer häufiger Blockchain-basierten) digitalen Schutzrechten und kryptischen Währungen, durch welche digitale Güter über virtuelle Marktplätze gehandelt, beworben und verkauft werden. Bei Decentraland gibt es dafür die Kryptowährung MANA, um eines der über 90.000 Grundstücke zu kaufen. Neue technologische Entwicklungen wie fungible oder nicht-fungible Tokens (NFT), Smart Contracts oder dezentralisierte Apps (dApps) werden auch hier weitere wichtige Impulse für neue Geschäftsmöglichkeiten geben.


Diese Wirtschaftssysteme repräsentieren zudem immer mehr die schon in früheren Blogs erwähnte vierte Generation digitaler Plattformen, den sogenannten digitalen Ökosystemen. In ihnen entsteht die Erbringung von Leistungen erst durch das Zusammenspiel der einzelnen voneinander unabhängigen Partner, die sich nicht alle direkt, sondern lediglich über Knotenpunkte kennen müssen. Es geht um die gemeinsame Wertschöpfung und Innovation dank stabiler Netzwerke und einem kooperativen Verhalten auf Basis einer zentralen Plattform.


Schon heute sind Apple’s IOS bzw. Google’s Android solche digitale Ökosysteme, bei denen die Leistungserbringung in einem intensiveren Miteinander und in umfänglicheren wechselseitigen Interaktionen stattfindet. Hier kann eine Unmenge von Entwicklern nicht nur ihre eigenen Softwareprodukte kreieren, sondern auch direkt eine Vielzahl von Nutzern erreichen. Sie brauchen dabei keine eigenen Abrechnungs-, Mahn- oder Marketingsysteme, da Apple bzw. Google dies übernehmen. Die Kunden begrüßen umgekehrt das immer breitere Produktangebot, welches Apple oder Google gar nicht hätte allein bereitstellen können. So kommt es zu immer neuen Innovationen und Wertschöpfungen.


Richtige Metaversum Ökosysteme sind hingegen heute schon Facebook Horizon oder das weltweit führenden Online Spiel von Epic Games „Fortnite“. Fortnite ist schon heute ein Ort, an welchem Millionen von Menschen das Gefühl erleben, nicht nur synchron und in Echtzeit, sondern auch räumlich anwesend mit anderen Menschen zu sein. Während der sogenannten Rift Tour konnten beispielsweise Millionen von Fans über Fortnite synchron ihren Superstar Ariane Grande erleben und aktuell läuft in dem Epic Ökosystem die Soundwave-Reihe mit Konzerten von Künstlern wie Mohamed Hamaki, Tones and I, Emicida, Gen Hoshino sowie Aya Nakamura. All diese Partner entsprechen dem Grundgedanken eines Ökosystems, bei welchem dank Kollaborationen und Crossovers mit weiteren Unternehmen (auch Wettbewerbern!) ständig neue Nutzen (wie weitere Spielmöglichkeiten, Charaktere oder gar neue Anwendungen) für die Anwender entsehen. Genauso bei dem schon erwähnten Metaversum Spiel „The Sandbox“: Hier existieren Partnerschaften beispielsweise mit den Unternehmen adidas, Warner Music Group, Atari und PwC Hongkong, mit den Musikproduzenten deadmau5 oder Snoop Dogg, den Comicserien Pororo, Shaun das Schaf, The Walking Dead, den Glücksbärchis und den Schlümpfen. Übrigens: Bezahlt wird, wie schon vorher bei Decentraland, auch bei Fortnite mittels einer eigenen virtuelle Währung (hier namens V-Bucks).


Dem Initiator und Betreiber eines Ökosystems geht es aber um noch viel mehr als die reine Monetarisierung von Kundennutzen: Dank enormer Netzwerk- und Kosteneffekte realisiert der Betreiber eines Ökosystems eine maximal intensive Kundenbindung (sog. Lock-In Effekt) mit unvorstellbaren Wettbewerbsvorteilen. Unterstützt wird dies aus unfassbaren Dateneffekten, da der Betreiber die Transaktionen und Interaktion aller Teilnehmer (wie Entwickler/Lieferanten, Konsument, Werbepartner, Dienstleister etc.) sieht und aus ihnen maximal umfangreiches Wissen generieren und monetarisieren kann.


Kommen wir noch einmal auf Facebook zurück: Nachdem das Unternehmen mit seiner Stable-Coin Währung „Libra“ keinen Erfolg hatte, baut man nun mit „Meta“ ein noch viel intensiveres Ökosystem auf. Immer geht es um den zentralen Berührungspunkt (engl. Touchpoint), über den jeder Nutzer gehen muss und seine Datenspuren hinterlässt. Wer diesen „Single Point of Contact“ beherrscht, kontrolliert das gesamte Wirtschaftssystem seiner Anwender und Nutzer, hat als einziger den gesamten Marktüberblick und kann maximalen Gewinn ziehen.


Schauen wir nun noch kurz in die nahe Zukunft, so ergeben sich neben den bereits oben aufgeführten Anwendungen noch viele weitere praktische Geschäftsmöglichkeiten dank digitaler Geschäftsmodelle, wie in den Bereichen eLearning, eHealth, eGovernment, eCollaboration oder eConstruction. Es bleibt an uns und unseren Firmen, rechtzeitig neue Ideen für digitale Metaversum-Geschäftsmodelle zu entwickeln, um sie dann entweder über die US-amerikanischen Ökosysteme anzubieten oder noch besser auf zukünftig virtuellen, pan-europäischen Parallelwelten zu vermarkten.

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