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Datenökonomie: Fünf Stufen des Datenmanagements


Alle reden von Daten, dem neuen Öl der Internetwirtschaft, von Datenmanagement und von Datenökonomie. Doch viele Unternehmen tun sich schwer, die Daten ihres Unternehmens überhaupt zielorientiert zu verwenden. Daher möchte ich heute die fünf Stufen des Datenmanagements bis zur Datenökonomie beschreiben. Orientieren will ich mich dabei an dem Industrie 4.0 Entwicklungspfad der FIR an der RWTH Aachen, der auch von der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften, acatech, und ihrem Industrie 4.0 Maturity Index verwendet wird. Während aber dieser Entwicklungspfad mit der Konnektivität beginnt, starten meine fünf Stufen mit der Sichtbarkeit, gefolgt von der Transparenz und der Prognose. Die höchste Stufe gemäß dem FIR Entwicklungspfad ist mit der „Adaptierbarkeit“ erreicht, während ich an dieser Stelle jedoch lieber auf „Autonomie“ wechsle.


In der ersten Stufe des Datenmanagements, der „Sichtbarkeit“ bzw. der „digitale Schatten“, erkennt ein Unternehmen, was in diesem überhaupt passiert. Umsatzdaten, Auftragseingänge und Kontensalden werden ebenso gesammelt und aufbereitet wie Warenkörbe des Kunden, Struktur der Kosten, die Zuverlässigkeit von Lieferanten oder kriminelle Handlungen von Mitarbeitern oder Externen. In der Produktion wird der Status von Maschinen oder in der Logistik der Status von Lieferungen überwacht (sog. Condition Monitoring). Klassische Softwaresysteme zur Analyse von Daten, wie dem Data Warehousing oder Data-Mining, erlauben die Sammlung von Erkenntnissen sowie die Aufbereitung im Rahmen von Reporting Dashboards. Doch schon diese erste Stufe des Datenmanagements wird von vielen Unternehmen nicht erreicht. Man sieht zwar noch seine Umsätze und Kosten, doch fehlt nicht selten der digitale Schatten bei den Kunden-, Produktions- und Logistikdaten. Dies resultiert aus der fehlenden technischen Integration verschiedener Datensilos und Systeminseln, oder Problemen bei der Umsetzung einer DSGVO konformen Vorgehensweise (z.B. aufgrund einer fehlenden Einwilligungserklärung).


Doch wer die erste Stufe des Datenmanagements nicht erreicht hat, kann von der zweiten Stufe nur träumen. Hier geht es um die Ursachenanalyse und Beantwortung, warum in einem Unternehmen etwas passiert. Diese Stufe der Transparenz gibt Antworten zu Kundenbedürfnissen (und nicht nur reine Verkaufsdaten), zu Kostenverursachern oder zu Engpässen in der Produktion. Auf einmal versteht ein Handelshaus, welche Artikel von welchen Kunden gerne gemeinsam erworben werden, ein Industrieunternehmen, warum immer wieder in der Produktion Probleme auftreten, oder ein Softwareentwickler, wie es immer wieder in der Entwicklung zu Ressourcen-Engpässen kommt. Es geht um Ursachen und Wirkungsketten, um Zusammenhänge und vor allem um das Generieren von Mehrwerten aus den Daten. Umgekehrt fallen spätestens hier Probleme bei der Datenqualität auf (Motto „Garbige in – Garbige out“).


Bisher analysierte man die Daten auf die Vergangenheit mit Rückschlüssen auf die Gegenwart. In der dritten Stufe betrachtet man die Zukunft. Dank der Simulation verschiedener Zukunftsszenarien und Wahrscheinlichkeiten erlaubt die dritte Stufe des Datenmanagements die Prognosefähigkeit. Es geht um die Frage, was in einem Unternehmen passieren wird. Mögliche Themen sind die Reaktion der Kunden auf Maßnahmen des Marketings und Vertriebs (z.B. Preisanpassungen oder ein verstärkte Besuchsfrequenz des Außendiensts), zukünftige Herausforderungen der Supply Chain (wie Lieferengpässe oder Nachbestellungen) oder die Vorhersage möglicher Leistungsverluste von Maschinen und daraus resultierender notwendiger Wartungsmaßnahmen (Stichwort: „Predictive Maintenance“). Berühmte Beispiele von erfolgreichen Prognosen sind Google Stauvorhersagen über Google Maps oder die Vorhersage von lokalen Krankheitswellen dank der Beobachtung des Suchverhaltens von Haushalten, bei denen schon technische Lösungen aus dem Umfeld von Big Data sowie die sogenannten schwache Künstliche Intelligenz zum Einsatz kommen.


Während die vierte Stufe im ursprünglichen FIR Entwicklungspfad von der „Adaptierbarkeit“ spricht, wechsle ich an dieser Stelle lieber auf den Begriff der „Autonomie“. Diese erlaubt es Systemen, anhand von Daten und ohne den Eingriff von Menschen, autonom Entscheidungen zu treffen. Denn wenn ein autonom fahrendes Fahrzeug (wie PKW, Zug oder ein Roboter) selbständig seine Umgebung analysiert und seinen Auftrag zielgerichtet umsetzt, dann werden eine Vielzahl von Daten in Echtzeit verarbeitet und zu Entscheidungen umgesetzt. Dasselbe findet auch in IT Systemen statt, die autonom Prozesse im Bestell- und Rechnungswesen, in der Produktion oder der Verarbeitung von Reklamationen und Servicediensten steuern.


Die fünfte Stufe des Datenmanagements ist nun eine parallele Stufe, die im bekannten Industrie 4.0 Entwicklungspfad der FIR an der RWTH Aachen nicht explizit erwähnt wird. Spätestens ab der Stufe der Transparenz bieten die Daten und daraus gewonnen Erkenntnisse nicht nur Mehrwerte für das eigene Unternehmen, sondern auch für externe Geschäftspartner (wie Kunden, Lieferanten, Marktteilnehmer, Behörden und Banken), für die diese gerne auch bezahlen. Es geht in dieser Stufe also nicht mehr nur um die Sammlung und Aufbereitung von Daten, sondern um deren Monetarisierung, also das Generieren wirtschaftlicher Vorteile aus Daten.


Ziel ist es, aus den unterschiedlichen Rohdaten wertvolle Informationen über Kundenbedürfnisse, Transaktionen, Unregelmäßigkeiten etc. abzuleiten, die dann die Basis für neue ökonomische Wettbewerbsvorteile wie kundenspezifischere Angebote, Kostenreduktionen oder das Beenden von Verlusten aus kriminellen Handlungen sind. Verschiedene Methoden helfen zudem, direkt mit Daten Geld zu verdienen, die jedoch an dieser Stelle nur kurz erwähnt sein sollen: Provisionsgeschäfte (Affiliation), Targeting (z.B. themenrelevante Werbeeinblendungen) – vielleicht sogar in Form von Auktionen (wie das Programmatic Marketing), oder der „versteckte“ Verkauf von Daten (sog. „hidden revenues“) an externe Geschäftspartner (soweit im Rahmen der DSGVO erlaubt).


Kurzum, es reicht nicht, nur in unterschiedlichen Töpfen Daten zu generieren und zu sammeln. Diese Daten müssen miteinander integriert und verbunden werden, um sie dann intelligent auszuwerten und um daraus ökonomische Vorteile zu generieren. Erst dann sprechen wir nicht mehr nur von Datenmanagement, sondern von Datenökonomie, also einem der zentralen Megatrends der digitalen Transformation. Spannend ist aber die Frage, inwieweit wirklich ein Unternehmen seine Daten auch weiterverarbeiten kann. Hersteller von Elektronikbauteilen oder Anlagenbauer verlieren bei einem klassischen Geschäftsmodell den Zugang zu den Daten ihrer Bauteile ab dem Moment, wo diese bei ihren Industriekunden verbaut sind. Nur wer sein gesamtes Geschäftsmodell hier auf moderne Lösungen (wie Fernwartungen und Wartungsvorhersagen) oder moderne Ertragsmodelle (wie Leasing oder Hardware as as Service) umstellt, bleibt ein aktiver Bestandteil der Wertschöpfungskette und im Genuss der Daten über seine eigene Leistungsfähigkeit.


Aber hier sind wir wieder bei einer der Kernaussagen der digitalen Transformation: Digitale Technologien sind nur der Ausgangpunkt für den Wandel, quasi Inkubatoren. Eine neue Wettbewerbsfähigkeit erreicht man nur dank neuer Geschäftsmodelle, wie beim Datenmanagement dank der Monetarisierung der Daten oder der (Mit-) Steuerung ganzer Wertschöpfungsketten.





Hier der Link zur gleichnamigen Podcastfolge.

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